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Psychotherapie und KI-gestützte Online-Interventionen

Psychotherapie und KI-gestützte Online-Interventionen

Letztes Update: 07. Juni 2024

Psychotherapie und KI-gestützte Online-Interventionen sind im Fokus der Diskussionen. Experten beleuchten Chancen und Risiken, während Studien erste Ergebnisse präsentieren. Die Integration von DiGA und TONI in die psychotherapeutische Versorgung wird kritisch betrachtet.

Psychotherapie und Digitalisierung: KI, DiGA und TONI im Fokus

Die Psychotherapie ist einer der wenigen medizinischen Handlungsbereiche, in denen KI-basierte Systeme Gesundheitspersonal weitgehend oder vollständig ersetzen können. Diese Aussage des deutschen Ethikrats wirft viele Fragen auf. Wie real ist diese Utopie? Die fortschreitende Digitalisierung weckt sowohl Erwartungen als auch Unsicherheiten. Gebhard Hentschel, Bundesvorsitzender der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV), eröffnete ein Symposium zu Digitalisierung und psychotherapeutischer Versorgung mit diesen Worten. Fast 1000 Teilnehmer*innen folgten der DPtV-Veranstaltung online und in Präsenz.

Wie verändert Künstliche Intelligenz die Versorgung?

„Wir müssen den Hype etwas runterfahren“, riet Prof. Dr. Markus Langer von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg in seinem Vortrag „Wie verändert Künstliche Intelligenz die Versorgung?“. KI funktioniert gut bei klaren Entscheidungen wie Hautkrebsdiagnosen. In der Psychotherapie ist das schwieriger. Besonders bei Hochrisiko-Kontexten wie Suizidalität bleibt der Einsatz von KI umstritten. „Von der Automatisierung sind wir nicht nur aus rechtlichen Gründen weit entfernt. Leute sind lieber in einem Face-to-Face-Gespräch vor Ort. Auch bei der Akzeptanz digitaler Systeme kommt es darauf an, ob eine Psychotherapeutin dahintersteht“, sagte Prof. Langer.

TONI: Verknüpfung mit ambulanter Therapie

Prof. Dr. Johanna Böttcher von der Psychologischen Hochschule Berlin präsentierte erste Ergebnisse ihrer Studie zu TONI, einer Zusammenstellung von transdiagnostischen, verfahrensübergreifenden Online-Interventionen, die in eine Therapie eingebettet werden. „Bisherige Programme sind für eine gelungene Verknüpfung mit ambulanter Therapie wenig geeignet. Insbesondere fehlen Ansätze, die es erlauben, die Online-Inhalte an individuelle Patient*innen und Therapieprozesse anzupassen“, sagte Prof. Böttcher.

DiGA mit „One Size Fits All“-Konzept

„Sind DiGA der große Wurf?“, fragte Dr. Lasse B. Sander von der Universität Freiburg. In seinem Vortrag bot er eine Übersicht über den aktuellen Stand und Entwicklungen von DiGA in der psychotherapeutischen Versorgung. „DiGA sind nicht besonders smart, sondern recht simpel gestrickt mit einem ,One Size Fits All‘-Konzept. Das kann für Psychotherapie nicht funktionieren“, kritisiert Dr. Sander. Zur Wartezeitüberbrückung oder zur Adressierung sehr isolierter Symptome wie Schlafstörungen sehe er Chancen. Er halte es für wichtig, DiGA in die Psychotherapeuten-Ausbildung zu integrieren. „Dieses Märchen, dass DiGA Psychotherapie ersetzen und Kosten sparen können, sehe ich allerdings nicht“, schloss Dr. Sander.

Verordnung, Wirkung, Datenschutz

„Wie smart ist der Mensch?“ Zu diesem Thema diskutierten in einer Podiumsdiskussion Dr. Kirsten Kappert-Gonther, MdB (Bündnis 90/Die Grünen, amtierende Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit im Deutschen Bundestag), Dr. Susanne Ozegowski (Abteilungsleiterin Digitalisierung & Innovation im Bundesministerium für Gesundheit), Ulrike Elsner (Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen), Prof. Markus Langer, Martin Tschirsich (Geschäftsführer zentrust partners, Berater für Informationssicherheit) und Gebhard Hentschel. „DiGA leisten nicht das, was wir erwartet hatten“, kritisierte der DPtV-Bundesvorsitzende. „Sie sind als Stand-Alone-Lösung konzipiert. Im Bereich der Hausärzt*innen ist keine Begleitung leistbar. Bei den Psychotherapeut*innen jedoch ist sie gewünscht. Da sehen wir starken Entwicklungsbedarf.“

Psychotherapie und KI-gestützte Online-Interventionen

Die Abgeordnete Kappert-Gonther betonte: „Digitalisierung ist in der Psychotherapie angekommen – in Form von DiGA oder KI-gestützten Gesprächen. Ich sehe eine große Chance, aber es wird nie dasselbe sein wie ein leiblicher Kontakt. Wir haben im Moment keine DiGA für die schwer und chronisch Kranken. Diese sollten wir nicht ausschließen.“ Außerdem sprach sie sich dafür aus, dass DiGA ausschließlich nach Verordnung durch Psychotherapeut*innen oder Ärzt*innen eingesetzt werden dürfen: „Was ist, wenn die Kassen von sich aus Apps anbieten, ohne dass das indiziert ist? Schlafstörungen können ein Hinweis auf beginnende Psychosen sein – da wäre zum Beispiel eine Entspannungs-App kontraindiziert. Das muss zuvor gründlich abgeklärt werden.“

Die Rolle der Ausbildung und Datenschutz

Prof. Langer plädierte dafür, die Ausbildung anzupassen: „Es ist wichtig, dass Psycholog*innen im Studium ein grundsätzliches Verständnis von Digitalisierung erhalten.“ Martin Tschirsich erinnerte an ungeklärte Datenschutz-Probleme der DiGA: „Im Grunde ist die F-Diagnose mit dem Google-Store verknüpft. Wenn ich eine DiGA nutze, habe ich höchstwahrscheinlich eine F-Diagnose für diese App. Dieses Problem ist ein zäher Brocken.“ Frau Dr. Ozegowski entgegnete: „Wir sind auf die App Stores angewiesen. Man könnte etwas Drittes erfinden, das dann aber keiner nutzt. Damit ist niemandem geholfen. Das ist ein bisschen die Resignation vor der Macht des Faktischen!“ Ulrike Elsner gab zu bedenken: „Man sollte das DiGA-Überprüfungsverfahren überdenken – ob man nur DiGA in die Versorgung bringen sollte, die ihren Nutzen bereits belegt haben.“

Fazit: Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung in der Psychotherapie

Mit 27.000 Psychotherapeut*innen ist die DPtV der größte Berufsverband für Psychologische Psychotherapeut*innen, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen und Psychotherapeut*innen in Ausbildung in Deutschland. Die DPtV engagiert sich für die Anliegen ihrer Mitglieder und vertritt erfolgreich deren Interessen gegenüber Politik, Institutionen, Behörden, Krankenkassen und in allen Gremien der Selbstverwaltung der psychotherapeutischen Heilberufe.

Die Digitalisierung in der Psychotherapie bietet viele Chancen, aber auch Herausforderungen. KI-gestützte Online-Interventionen können eine wertvolle Ergänzung sein, aber sie werden den menschlichen Kontakt nicht ersetzen. DiGA und TONI zeigen, dass es noch viel Entwicklungsbedarf gibt, um diese Technologien effektiv in die psychotherapeutische Versorgung zu integrieren. Die Ausbildung von Psychotherapeut*innen muss angepasst werden, um den digitalen Wandel zu begleiten. Datenschutz bleibt ein zentrales Thema, das nicht vernachlässigt werden darf. Die Zukunft der Psychotherapie wird digitaler sein, aber der menschliche Faktor bleibt unverzichtbar.

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Die Digitalisierung hat die Psychotherapie revolutioniert. Mit KI und DiGA (Digitale Gesundheitsanwendungen) eröffnen sich neue Möglichkeiten für Patienten und Therapeuten. Besonders spannend ist die Integration von Technologien wie TONI, die eine personalisierte Therapie unterstützen. Diese Entwicklungen zeigen, wie wichtig es ist, sich über die neuesten Trends und Innovationen zu informieren.

Ein interessantes Beispiel für die Anwendung moderner Technologien ist die Nutzung von Tobias Krell Clever Tonies Set. Diese smarten Geräte bieten eine spielerische und interaktive Möglichkeit, Kinder in den therapeutischen Prozess einzubeziehen. Sie fördern nicht nur die Kreativität, sondern können auch als unterstützendes Werkzeug in der Psychotherapie eingesetzt werden.

Ein weiteres spannendes Thema in der Digitalisierung der Psychotherapie ist die Frage, wie CEO werden. Führungskräfte müssen heutzutage nicht nur über Managementfähigkeiten verfügen, sondern auch ein tiefes Verständnis für digitale Technologien haben. Diese Fähigkeiten sind entscheidend, um Innovationen in der Gesundheitsbranche voranzutreiben und die Digitalisierung effektiv zu nutzen.

Die Digitalisierung bringt auch neue Herausforderungen mit sich, insbesondere im Bereich der Datensicherheit. Der cyber resilience act sicherheitslücken Verbot ist ein wichtiger Schritt, um die Sicherheit digitaler Gesundheitsanwendungen zu gewährleisten. Es ist essenziell, dass Ihre Daten geschützt sind und Sie sich auf sichere und zuverlässige Technologien verlassen können.

Die Digitalisierung der Psychotherapie bietet viele Vorteile und Möglichkeiten. Bleiben Sie informiert und nutzen Sie die neuen Technologien, um Ihre Therapieerfahrungen zu verbessern.