Letztes Update: 14. Juni 2024
Der Artikel beleuchtet, wie die Polizei Kindesmissbrauch auf Social Media bekämpfen kann, und zeigt auf, dass effektive Ermittlungsmethoden bisher kaum genutzt werden.
Kindesmissbrauch auf Social Media ist ein wachsendes Problem, das dringende Maßnahmen erfordert. Trotz der zunehmenden Fälle und der hohen Aufklärungsquote durch sogenannte "Scheinkindoperationen" setzen deutsche Ermittlungsbehörden diese Methode nur selten ein. Diese Ermittlungsmethode könnte jedoch entscheidend dazu beitragen, Cybergrooming und Kindesmissbrauch auf Social Media zu bekämpfen.
"Scheinkindoperationen" sind eine Ermittlungsmethode, bei der sich erwachsene Ermittler im Internet als Kinder ausgeben, um Pädokriminelle zu überführen. Diese Methode wurde im Jahr 2020 gesetzlich verschärft, sodass Täter sich auch strafbar machen, wenn sie vermeintliche Kinder im Netz kontaktieren und belästigen, die in Wirklichkeit Erwachsene sind. Die Aufklärungsquote dieser Methode liegt bei über 80 Prozent, was sie zu einem äußerst effektiven Instrument im Kampf gegen Kindesmissbrauch auf Social Media macht.
Eine Abfrage aller Bundesländer ergab, dass nur Baden-Württemberg und Hessen anlassunabhängig "Scheinkindoperationen" durchführen. Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen nutzen diese Methode nur bei anlassabhängigen Ermittlungen. Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern gaben keine Auskunft, und die restlichen zehn Bundesländer haben nach eigenen Angaben keine "Scheinkindoperationen" durchgeführt. Im Jahr 2023 wurden durch diese Operationen 164 Tatverdächtige ermittelt.
Professor Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger, Leiter des Instituts für Cyberkriminologie an der Polizeihochschule Brandenburg, bemängelt das fehlende Abschreckungspotential aufgrund der wenigen durchgeführten "Scheinkindoperationen". Er betont, dass die geringe Anzahl dieser Operationen dazu führt, dass viele Tatverdächtige nur eine geringe Angst vor Strafverfolgung haben. Die Wahrscheinlichkeit, angezeigt zu werden, wird daher als gering eingeschätzt.
Undercover-Recherchen von STRG_F auf der App Likee zeigen, dass mit der Methode schnell Täter ermittelt werden könnten. Likee ist eine Plattform, die ähnlich wie TikTok konzipiert ist und über 500 Millionen Mal im Google Playstore heruntergeladen wurde. Durch einschlägige Missbrauchsurteile ist bekannt, dass dort Pädokriminelle gezielt nach Opfern suchen.
Drei Tage lang gaben sich Journalistinnen von STRG_F als Kinder aus und konnten mehrere sogenannte Cybergroomer identifizieren. Die vermeintlichen 12- und 13-jährigen Mädchen wurden Ziel von Kindesmissbrauch ohne Körperkontakt und dazu aufgefordert, sogenannte Kinderpornografie zu erstellen und zu versenden.
Im Interview sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Es ist eine widerliche Form der Kriminalität. Es hat leider rasant zugenommen." Faeser kündigte an, dem nachzugehen, warum solche Apps nicht verboten werden. Die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen erklärte jedoch, dass eine Sperrung ganzer Angebote nur als letzte Eskalationsstufe in Betracht gezogen wird, wenn alle anderen Maßnahmen zur Löschung eines Inhaltes ohne Erfolg sind. Man habe die App "ab sofort unter Beobachtung genommen".
Die Recherche zeigt außerdem, dass sich auf der App ein regelrechter Markt für sogenannte Kinderpornografie entwickelt hat. Kindern wurde Geld und Spieleguthaben angeboten, wenn sie sich nackt zeigen oder anderen Missbrauchshandlungen zustimmen. Derartige Inhalte sind nach Recherchen von STRG_F auch in Darknet-Foren abgeflossen.
Likee selbst teilte auf Anfrage von STRG_F mit, dass man Maßnahmen ergreifen werde, um Kinder auf der App zu schützen. Inzwischen sind unter anderem einige Hashtags auf der App eingeschränkt bzw. gesperrt. STRG_F konnte auf der App dennoch weiter Grooming-Versuche nachvollziehen.
Nach einer Anfrage von STRG_F nahm Apple Likee aus dem AppStore und teilte mit, dass die App gegen die Richtlinien verstoße. Im Google Playstore ist sie weiterhin verfügbar. Gegen einen Likee-Nutzer wird in Folge der STRG_F-Recherchen inzwischen ermittelt.
Die bisherigen Erkenntnisse zeigen, dass "Scheinkindoperationen" eine effektive Methode sind, um Kindesmissbrauch auf Social Media zu bekämpfen. Die hohe Aufklärungsquote und die schnellen Ermittlungserfolge sprechen für sich. Es ist daher dringend notwendig, dass deutsche Ermittlungsbehörden diese Methode häufiger und flächendeckend einsetzen. Nur so kann das Abschreckungspotential erhöht und die Sicherheit von Kindern im Internet gewährleistet werden.
Kindesmissbrauch auf Social Media ist ein ernstes Problem, das oft schwer zu bekämpfen ist. Die Polizei hat jedoch effektive Ermittlungsmethoden entwickelt, die bislang kaum genutzt werden. Diese Methoden könnten helfen, Täter schneller zu identifizieren und Kinder besser zu schützen. Es ist wichtig, dass sich die Behörden dieser Technologien bedienen, um die Sicherheit der Kinder zu gewährleisten.
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